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Die iranische Sängerin Maryam Akhondy (rechts) und drei Mitglieder des Frauenchores Banu im Gerolsteiner Rondell.  TV-FOTO: ALWIN IXFELD

Das Leben unter dem Tschador

Iranischer Frauenchor gibt Einblick in das Leben außerhalb religiöser Unterdrückung

Sieben Stühle, sieben Mikrofone, ein paar Trommeln und einen Flügel, mehr brauchen Sängerin Maryam Akhondy und ihr Chor Banu nicht. Die Iranerinnen haben bei ihrem Auftritt in der Gerolsteiner Stadthalle Rondell 180 Zuschauern einen kleinen Einblick in die Lebenswelt ihrer Heimat gegeben.

Von unserem Mitarbeiter

Alwin Ixfeld

Gerolstein. Es braucht einige Minuten, um sich in die ungewohnten Klangwelten hineinzuhören, die Maryam Akhondy und ihr Chor Banu anbieten. Aber dann erschließen sich Lebensfreude und Harmonien, wie sie seit Jahrhunderten das iranische Leben geprägt haben, vor allem das der Frauen. Denn die Lieder stammen aus dem Alltag persischer Frauen, waren für Männerohren tabu.
"Es sind einfache Lieder", erklärt Akhondy, "sie erzählen vom Verliebtsein, von Hochzeitsvorbereitungen, vom Streit mit der Schwiegermutter." Die Sängerin und Musikerin gibt zu jedem Stück eine Einleitung, erläutert witzig und ironisch die dazu gehörende Lebenssituation. Die iranische Kultur sei eben mehr als das Bild, das manche Medien hier verbreiten, erklärt sie im TV-Gespräch. "Wir wollen auf natürliche Art mehr davon erzählen."
Das verbreitete Bild komplett verschleierter Frauen dürfe nicht zum Klischee werden, so Akhondy, "mehr als 60 Prozent der Studierenden im Iran sind Frauen, also stecken unter dem Tschador oft kluge Köpfe", erläutert sie lächelnd.
Das gilt auch für ihre Mitstreiterinnen vom Chor Banu. Die arbeiten in Deutschland als Computerfachfrauen, als Bankangestellte und in anderen Berufen.

Wallende Gewänder

Der Name des Chores Banu bedeutet Frau oder vornehme Dame. Deshalb tragen die Frauen auf der Bühne auch wallende Gewänder in leuchtend bunten Farben, Kleidung für festliche Angelegenheiten. Gegründet hat Maryam Akhondy den Projektchor Banu vor zwölf Jahren. Seitdem touren die Sängerinnen in wechselnden Besetzungen durch Europa, sind aber auch schon in Tunesien und in der Türkei aufgetreten. In ihrer Heimat mussten sie politische und religiös motivierte Verfolgung ertragen.
"Wir sind vor 20 Jahren illegal eingewandert, nachdem ein Bruder umgebracht wurde und andere aus der Familie jahrelang im Gefängnis waren, wegen ihrer politischen Überzeugung", erklärt eine der Frauen. Von dieser Unterdrückung ist beim Auftritt in Gerolstein nichts zu spüren, denn mit ihrem Gesang verbreiten die Exiliranerinnen pure Lebenslust. "Sie haben ihrem Land und ihrer Kultur einen großen Dienst erwiesen", fasst ein Zuschauer den Abend zusammen. Ein treffendes Fazit.

ZUR PERSON

Maryam Akhondy, 1957 in der iranischen Hauptstadt Teheran geboren, hat klassischen persischen Gesang und Theaterwissenschaften in Teheran studiert. Seit Mitte der 1980er Jahre lebt sie in Deutschland. Als Leiterin des Ensembles Barbad, einem Orchester für iranische Kunstmusik, mit dem iranischen Frauenchor Banu und als Solistin tourt sie durch Europa und tritt bei großen Musikfestivals auf. AIX

 Trierischer Volksfreund, 26. Februar 2012


Bilder vom Konzert