AKTIONSKREIS GEGEN RECHTE GEWALT

START TERMINE BERICHTE LINKS KONTAKTE


Freitag, 9. November 2001, Rathaus Gerolstein


Jiddischer Liederabend
 

Zum jiddischen Liederabend mit Helga Bohnet und Norbert Jakobs (Foto) waren zahlreiche Besucher ins Foyer des Gerolsteiner Rathauses gekommen. Der Aktionskreis gegen Rechte Gewalt (Gerolstein/Daun) hatte am 63. Jahrestag der sogenannten "Reichskristallnacht" und im Gedenken an die Millionen Opfer des nationalsozialistischen Rassenwahns zu diesem Konzert eingeladen. Im Auftrag des verhinderten Hausherrn Adolf Rodermann begrüßte Karl Servatius die Besucher. Er erinnerte an die früheren jüdischen Mitbürger von Gerolstein und deren Exil im Ausland. Den veranstaltenden Aktionskreis, der vor einigen Jahren gegründet wurde, stellte Christa Karoli vor. Helga Bohnet (Gesang) und Norbert Jakobs (Gitarre und Gesang) trugen jiddische Lieder aus verschiedenen Jahrhunderten vor. Es waren sowohl alte Volkslieder wie auch Lieder aus dem Ghetto und dem Widerstand gegen die Nazi-Verfolgung. Zu den Liedern erzählten die Interpreten die dazugehörende Geschichte und zeigten außerdem Dias aus dem Alltag im jüdischen „Shtetl". Die Akteure wurden mit viel Beifall belohnt.

Eifel Journal, 46. Woche 2001


Norbert Jakobs und Helga Bohnet brachten den Gästen das jüdische Leben ein gutes Stück näher (Foto: Nadija Drlic)

Musik, die das Herz berührt

Norbert Jakobs und Helga Bohnet begeistern in Gerolstein mit jiddischen Liedern

GEROLSTEIN. (nd) Bewegendes, das begeisterte: Gut 50 Zuhörer nahmen am „Jiddischen Liederabend" im Gerolsteiner Rathaus anlässlich des 63. Jahrestags der „Reichskristallnacht" teil.

Blickfang im zum Konzertsaal umfunktionierten Foyer des Rathauses war die große Leinwand, auf die Dias von Juden in Ghettos und ihren „Shtetln" projiziert wurden. Passend zu jedem Lied wurde das Bild gewechselt, zudem die dazugehörige Geschichte erzählt und ein kurzer Lebenslauf der wichtigsten Komponisten angefügt. So hatten die Zuhörer zum einen den Eindruck, als würde gerade von den abgebildeten Menschen gesungen, zum anderen wurde so das Verständnis der Lieder erheblich erleichtert und den Gästen das jüdische Leben ein gutes Stück näher gebracht.

Die beiden Interpreten Helga Bohret und Norbert Jakobs bestachen durch harmonische, klare Stimmen, Jakobs zudem mit gekonntem Gitarrenspiel.

„Da die jiddischen Lieder nicht aufgeschrieben wurden, mussten sie im Nachhinein rekonstruiert werden. Aus diesem Grund hat Norbert Jakobs die Lieder für uns neu gesetzt und variiert," erklärte die Interpretin. Präsentiert wurde ein gemischtes Programm. Alte Volkslieder aus verschiedenen Jahrhunderten wechselten sich mit Liedern aus den Ghettos ab, wo bekanntlich viel und oft sehr anspruchsvoll musiziert wurde.

Die eindringlichen Melodien und die oftmals selbstironischen Texte rissen das Publikum von einer Stimmung in die nächste. Beschrieben wurden alltägliche Situationen, die die gesellschaftlich ausgegrenzten bis verfolgten und schließlich ermordeten Juden zuhauf erlebten.

So zum Beispiel der „Arbeitslosen Marsch" oder das Lied „Sag niemals nie, wenn du den letzten Weg gehst", das zur Hymne des jüdischen Widerstandes wurde. Mordechai Gebirtig hatte das Lied komponiert, als er vom Aufstand im Warschauer Ghetto gehört hatte.

Dass die Juden rigoros auf die Straße gesetzt wurden oder ihr Hab und Gut aus dem Fenster geworfen wurde, wenn die Miete nicht gezahlt wurde, davon erzählte „Miete zahlen muss man". Das „Hochzeitstanzlied", das den orientalischen Einfluss in der jiddischen Musik hervorhob, thematisierte Freundschaft und Gemeinschaft als höchstes Gut.

Die Zuhörer jedenfalls zeigten sich begeistert und bewegt: So dauerte es nach jedem Lied ein paar Sekunden bis der Applaus einsetzte. „Das ist Musik, die das Herz berührt", schwärmte Luzia Wester­frölke. Ralf Wagner-Nowak zeigte sich eher betrübt: „Die Kultur der Juden aus dem Osten ist unwiederbringlich verloren gegangen."

Trierischer Volksfreund, 13. 11. 2001